Denkst du auch, introvertiert und eine gute Führungskraft zu sein, sei ein Widerspruch in sich? Dass diese Sichtweise überholt ist, spricht sich leider nur langsam herum. Hier erfährst du:
- Es sind gerade die introvertierten Eigenschaften, die dir helfen, einen richtig guten Job zu machen.
- Wie du im Führungsalltag deine Energie behältst.
Welche Stärken hast du als introvertierter Mensch?
Die Frage lässt sich nicht pauschal für alle introvertierten Menschen beantworten. Aber es gibt Stärken, die vielfach mit „Introversion“ verbunden werden. Sie bieten eine gute Orientierung, um die Art zu arbeiten und mit anderen in Kontakt zu sein, zu beschreiben. Gewiss haben nicht alle Introvertierten jeden dieser Vorzüge, und einzelne davon haben auch extravertierte Menschen.
Deine Arbeitsweise
Wenn es ruhig ist, kannst du dich tief konzentrieren. Das hilft, um komplexe Situationen schnell zu erfassen. Unterstützt durch Beharrlichkeit – ein gewissenhaftes und ausdauerndes Arbeiten – kannst du, die sprichwörtlich „dicken Bretter“ bohren.
Analytisch zu denken ist ein Talent, welches insbesondere Menschen haben, deren linke Hälfte der Großhirnrinde stärker ausgeprägt ist als die rechte. Das betrifft Intro- und Extravertierte gleichermaßen. Analytisch vorzugehen heißt, sehr systematisch viele unterschiedliche Informationen zu durchdringen und logisch zu kategorisieren. So erarbeitest du logisch strukturierte Konzepte und Strategien.
Diese Arbeit entspricht deiner Natur, den Dingen auf den Grund zu gehen. Du möchtest ein substanziellesVerständnis, um dich mit inhaltlich richtigen und passgenauen Beiträgen zu beteiligen. Dies gilt für schriftliche Antworten genauso wie für gehaltvolle Gespräche.
Um das sagen und machen zu können, was du für richtig und wichtig hältst, hilft dir deine Unabhängigkeit. Das heißt, du bist weniger stark auf die Zustimmung oder Meinung von Kolleg:innen oder Vorgesetzten angewiesen als extravertierte Menschen. So fällt es dir leichter, gewohntes Verhalten infrage zu stellen und auch Mitarbeitende im unkonventionellen Denken zu unterstützen.
Mit konzentriertem analytischem Denken bist du prädestiniert für komplexe Aufgaben. Deine substanzielle Tiefe und Unabhängigkeit unterstützen einen umfassenden fachlichen Austausch, der auch Kritik oder gegebenenfalls Fehler beinhalten kann.
Interaktion
Interaktion beginnt mit Zuhören. Du hörst vermutlich sehr aufmerksam zu und legst dir nicht parallel eine Antwort zurecht, während dein Gegenüber spricht. Stattdessen filterst du die Gefühle des Gesprächspartners aus dessen Gestik und Mimik und lässt sie später in deine Antworten einfließen. So fühlt sich jedes Gegenüber von dir wahrgenommen und es entsteht schnell eine vertrauensvolle Verbindung.
Dabei wirst du von deiner intuitiven Empathie unterstützt. Verantwortlich für das Einfühlungsvermögen sind die Spiegelneuronen im Gehirn, die natürlich sowohl Intro- als auch Extravertierte, in unterschiedlicher Ausprägung, haben.
Zu einer speziellen introvertierten Stärke wird Empathie durch die Kombination mit der Unabhängigkeit. Introvertierten ist es weniger wichtig, ob ihr Gegenüber im Status höher steht oder besonders erfolgreich ist. Sie konzentrieren sich auf die Zwischentöne und Gefühlslage im Gespräch und beziehen sie in ihre Antwort mit ein. Oft ist das ein unbewusst ablaufender Prozess, der es ihnen sekundenschnell ermöglicht (unterschiedliche) Interessen zu erkennen und in Konflikten zu vermitteln.
Ein weiterer Vorzug ist dein vorsichtiges und verständnisvolles Handeln. Dazu gehört eine respektvolle Distanz gegenüber persönlichen Themen, und die Fähigkeit den eigenen Standpunkt nicht als absolut anzusehen. Insofern sind vorsichtig auftretende Menschen insbesondere für Verhandlungen geeignet, in denen sich die Beteiligten ernst genommen und frei von Druck fühlen sollen.
Zur Art und Weise sich zu verständigen, gehört auch das Schreiben. Gerade für Statusberichte oder Entscheidungsvorlagen kannst du dieses Talent hervorragend einsetzen.
Die Stärken des Zuhörens, der Empathie und der Vorsicht wirken wertschätzend auf die Gegenüber. So entsteht eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, die introvertierte Führungskräfte zu starken Einflussnehmern macht.
Darum werden deine Stärken mehr denn je gebraucht
Komplexe Dinge zu analysieren und zu vereinfachen ist banal? Mitnichten. Sie sind wichtig, um Ziele zu formulieren, Strukturen zu schaffen und Prozesse zu beschreiben. Alles Maßnahmen, die sich in einer unbeständigen Arbeitsumgebung ausdrücken; verbindlich, vertraulich und verlässlich zu sein.
So gestaltest du eine sichere Atmosphäre, in der das Teilen von Informationen, ehrliches Feedback und eine positive Fehlerkultur möglich sind.
Deine interaktiven Stärken sind zum Beispiel in der Projektarbeit mit interdisziplinären Teams sehr hilfreich. Um die passgenauen Ergebnisse fristgerecht zu liefern, braucht es den fachlichen Austausch UND eine gute Zusammenarbeit auf kollegialer Beziehungsebene. Nicht selten sind es schwelende Konflikte, die niemand anspricht, aber das gesamte Team daran hindern, in den Sachthemen wirklich voranzukommen.
Du kannst mit deinen interaktiven Stärken schnell Vertrauen zu allen Beteiligten aufbauen und eine vermittelnde Rolle innerhalb des Teams und gegenüber dem Auftraggeber einnehmen.
Wenn es um Risiken geht, bist du als introvertierter Mensch eher im Team Sicherheit. Das klingt erst einmal langweilig, weil es natürlich bedeutet, genau zu analysieren und alle Fakten auszuwerten. Doch genau diese Betrachtung aus mehreren Perspektiven kann die Gefahrenquellen aufzeigen.
Manche Unternehmen hätte dies sicher vor Strafen, Schadensersatzansprüchen oder schlimmeren bewahren können.
Egal, ob das gute Teamklima oder die „Extra-Runde“ in der Risikobewertung, nichts bringt einen kurzfristigen Benefit. Aber mittel- und langfristig sind es wichtige Stärken, die den Unternehmensmotor antreiben.
Fünf Aspekte, die für eine gute Führungskraft wichtig sind
Die folgenden Elemente solltest du betrachten, um strukturiert und sukzessive deine Führungsarbeit verbessern zu können:
Deine Persönlichkeit akzeptieren und stärken
Wir sind umgeben vom extravertierten Ideal. Beginnend bei ständiger (digitaler) Unterhaltung, sich präsentieren, Netzwerken, einen großen Freundeskreis haben, um in jeder freien Minute etwas zu unternehmen und so weiter.
Wenn sich all das für dich nicht passend anfühlt oder du ständig gegen deine Bedürfnisse handeln musst oder man einfach ein Partymuffel bist, dann bleiben zwei Möglichkeiten:
Entweder du verleugnest dich und betreibst enormen energetischen Aufwand, um mitzumachen oder du akzeptierst deine introvertierte Persönlichkeit.
Authentischer und auf Dauer gesünder ist die zweite Variante. Andernfalls spielst du eine Rolle und das Merken auch deine Mitarbeitenden.
Um dich zu stärken, solltest du
- dein Energielevel aktiv regulieren,
- einen gesunden Anspruch an dich und deine Mitarbeitenden finden und
- auf deine Fähigkeiten und Kompetenzen vertrauen
Dein Wissen vertiefen und anwenden
Du solltest wissen, wie du dich selbst organisierst. Wie du dir etwa deine Zeit für konzentriertes Arbeiten am besten einteilst oder die Frage, wie du effektiv delegierst.
Aber du brauchst natürlich auch Wissen, um Mitarbeitende zu führen. Was ist Teamdynamik? Wie lassen sich Teamprozesse gestalten? Wie gehst du am besten mit Konflikten um und welche Entstörungstechniken können helfen?
Rahmenbedingungen analysieren und gegebenenfalls anpassen
Das scheint der einfachste Aspekt zu sein. Schließlich sind die „Energieräuber“ wie Musik oder lautes Stimmengewirr schnell identifiziert. Ebenso ist klar, dass ein Einzelbüro oder Homeoffice bestens geeignet sind, um konzentriert zu arbeiten. Doch das Bewusstsein dafür reicht an dieser Stelle nicht aus. Deine Wünsche müssen formuliert und mit Entscheidungsträgern besprochen werden. Es hilft, die Wünsche vorab zu notieren und sich mögliche Einwände mit Gegenargumenten zu überlegen.
Das Miteinander fördern und erhalten
Das Miteinander meint den qualitativen Kontakt zu den Kolleg:innen und die Zusammenarbeit im Team. Sachliche Voraussetzungen sind sowohl transparente Regeln, Strukturen und Ziele, als auch das Besprechen von Erwartungen und Anforderungen.
Um das Miteinander zu erhalten, braucht es unter anderem:
- wertschätzendes konstruktives Feedback,
- die ungeteilte Aufmerksamkeit für das Gegenüber,
- den „Puls“ des Teams zu fühlen für eine vertrauensvolle Atmosphäre,
- Moderation und
- Mitarbeitende fachlich und persönlich weiterzuentwickeln.
Alles zusammen würden Mitarbeitende als gute Führungsleistung beschreiben.
Dein Verhalten reflektieren und verändern
Sehr wahrscheinlich reflektierst du dich oft und bist darin geübt. Du lässt einzelne Situationen oder den gesamten Tag in Gedanken an dir vorbeiziehen. Was machst du mit deinen Erkenntnissen? Setzt du sie in Handlung um? Schützt du dich beispielsweise mehr und grenzt dich stärker ab? Stehst du für deine Werte ein? Konzentrierst du dich auf deine Stärken?
Verhalten ist sehr individuell. Entscheidend ist deine innere Haltung dir selbst gegenüber und deinen Mitarbeitenden. Wenn sie der Kompass für dein Verhalten sind und bleiben, dann kannst du dich und deine Mitarbeitenden authentisch führen.
Mit Tiefgang und Substanz möchte ich mehr als die Oberfläche „aufpolieren“
Wie ich mit meinen Kunden arbeite:
- vertraulich und verbindlich in einem strukturierten Prozess
- aufmerksam für die Zwischentöne
- analytisch auf den Punkt
Eine gute Führungskraft sein: So setzt du deine introvertierten Eigenschaften erfolgreich ein
#1 Nutze deine Fähigkeit, analytisch vorauszudenken
Besprich wichtige oder kritische Dinge in kleinem Kreis vor.
#2 Bereite dich strategisch auf Besprechungen vor
Wer ist dabei mit welchen Interessen? Was ist oder könnte das Ziel der Besprechung sein? Wie ist deine Position zum Thema? Welche Ziele verfolgst du kurz- und mittelfristig? An welcher Stelle solltest du dafür Fragen oder Argumente einbringen?
#3 Fasse am Ende die wesentlichen Punkte zusammen und konkretisiere verbindlich die nächsten Schritte
Hierbei solltest du unbedingt intuitiv emphatisch vorgehen, um dir nicht selbst zu schaden. Dann bist du offen für die unausgesprochenen Widerstände im Raum und kannst bewusst entscheiden, ob du dich diesen entgegenstellst oder nicht.
#4 Baue mit deinen interaktiven Fähigkeiten ein breites, tragendes Netzwerk auf
So kannst du den „Puls“ des Unternehmens fühlen, dich strategisch gut aufstellen und bei Bedarf unkompliziert Unterstützung erhalten.
#5 Stärke dein Team und delegiere Verantwortung
Du vertrittst deine Meinung und bist bereit, kritische Fragen zu stellen. Genau diesen Raum gestehst du auch deinem Team zu. Das stärkt deine Mitarbeitenden im eigenverantwortlichen Denken und Handeln, und es können gute, innovative Ergebnisse entstehen.
Was dir als introvertierte Führungskraft hilft
#1 Plane konsequent Zeiträume, in denen du allein bist und halte sie ein!
Das können zum Beispiel Besprechungstermine in einer Länge von 50, statt 60 Minuten sein. So hast du zwischendurch Zeit, dich gedanklich zu sammeln. Bei ausgedehnteren Besprechungen dürfen es auch längere Phasen der Vor- und Nachbereitung im Kalender sein.
#2 Vertraue auf deine Fähigkeiten und Problemlösungskompetenz
Das klingt in einem extravertierten Umfeld leichter als getan. Es ist aber wichtig, um selbstsicher auftreten zu können.
#3 Entwickle einen gesunden Anspruch an dich und deine Mitarbeitenden
Perfektion schadet dir, weil du kein „gut genug“ deiner Leistung fühlen kannst. Irgendwann wirst du an deinen Ansprüchen scheitern oder nicht mehr ins Handeln kommen.
#4 Such dir Mentoren, die dich begleiten
Die Möglichkeit, Fragen zu stellen und blinde Flecken aufgezeigt zu bekommen, lässt dich von Erfahrungen anderer profitieren. Du musst nicht alle Fehler selbst machen!
#5 Begeistere und fördere dein Team
Du kannst fachlich nicht in allen Bereichen tief drin sein, trägst aber die Verantwortung. Sorge für eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der positives wie negatives gleichermaßen Platz haben und sich jede:r weiterentwickeln kann.
Diese 3 Fehler solltest du unbedingt vermeiden
Fehler 1: Du wartest ab, bis du gefragt wirst
Du arbeitest still vor dich hin, präsentierst deine Arbeitsergebnisse zurückhaltend und verhältst dich in Gehaltsverhandlungen eher defensiv. Warum?
Vermutlich beobachtest du ausgezeichnet und hast ein sehr sensibles Gespür für subtile Hinweise. Diese Fähigkeit ist für dich selbstverständlich. Du gehst davon aus, dass sie deine Chefs auch haben und dein bisher ungenutztes Potenzial erkennen. Dann würden sie dich ansprechen und fördern. So lange wartest du ab!
Die meisten Führungskräfte sind extravertiert. Natürlich können sie auch sensibel sein. Doch in ihrer Welt sind sie gewohnt, aktiv auf andere zuzugehen und den offenen Austausch zu suchen. Vermutlich interpretieren sie deine zurückgezogene Arbeitsweise falsch: Zum Beispiel als Beweis für fehlendes Engagement, Desinteresse oder mangelnde Fähigkeiten.
Formuliere deine Ziele und stehe für sie hörbar und sichtbar ein!
Fehler 2: Du bekommst eine Führungsrolle angeboten und sagst vorschnell „nein“
Das wäre doch eine super Chance, sich weiterzuentwickeln? Der Grund könnte deine geringere Belohnungssensitivität sein.
Auf introvertierte Menschen wirken Belohnungen, wie sozialer Status, Macht und Geld, nicht so anziehend. Der Grundpegel an Dopamin im Gehirn springt weniger stark in die Höhe und lässt sie nicht so schnell in Euphorie geraten wie Extravertierte. Ist das der einzige Grund? Nein.
Introvertierte kalkulieren, bewusst oder unbewusst, den Energieverbrauch ihrer Aufgaben.
Es geht immer um die Fragen:
- Wie viel Energie wird mich das kosten?
- Wann und wie ist es möglich, meinen Akku wieder aufzuladen?
Wenn du nun spontan eine Führungsrolle angeboten bekommst, dann ist es in kurzer Zeit nicht möglich, dir die Fragen abschließend zu beantworten. Deshalb könntest du zurückhaltend reagieren oder direkt ablehnen. Dahinter stehen Bedenken, dich energetisch zu überfordern. Wenn klar ist, was konkret erwartet wird, könntest du dich in dem Rahmen gut organisieren.
Bitte um Bedenkzeit, bespreche die jeweiligen Erwartungen und entscheide dann!
Fehler 3: Du lässt deine dauerhafte energetische Überforderung zu
Ein passendes Energiemanagement zu justieren, ist eine tägliche Herausforderung. Die Vielzahl von Gesprächen, hektische Betriebsamkeit, steter Druck sich entscheiden zu müssen und Unterbrechungen tragen zu einer Reizüberflutung bei. Hast du dann keine Möglichkeit zurückgezogen, konzentriert zu arbeiten, wirst du vermutlich Energie sparen.
Im Energiesparmodus verlierst du den Zugang zu deinen Stärken. Nutze die 3 Strategien als Signal, um Pausen oder konzertierte Einzelarbeit einzubauen.
#1 Du vermeidest Kontakte und gehst anderen Menschen aus dem Weg
Natürlich hörst du in Meetings noch zu. Der anstrengende Small Talk davor und danach lässt sich aber durchaus vermeiden, so dass du dich zunehmend isolierst. Gespräche mit deinen Mitarbeitenden finden kaum noch statt, und wenn, bist du sehr kurz angebunden.
#2 Du fixierst dich auf strukturierte Abläufe und verlierst deine empathischen Fähigkeiten
Gewohnte Strukturen sind sehr hilfreich. Doch achtest du nur noch auf formale Details, bist du nicht mehr empathisch, und es können dir aktuelle Schwierigkeiten entgehen.
#3 Du vermeidest es, Probleme anzusprechen
Konflikte sind oft komplex. Wie lange das Gespräch dauert und ob weitere folgen (müssen), lässt sich nicht immer absehen. Das Aufschieben eines klärenden Gesprächs spart für den Moment Energie. Mittelfristig kostet es aber umso mehr.